Die Magd als Herrin – Bastien und Bastienne

Zur Wiedereröffnung des renovierten Neuburger Stadttheaters

Die Magd als Herrin

(La Serva Padrona)

von G. B. Pergolesi

Doktor Pandolfo

Horst Vladar

Zerbine, seine Dienerin

Sieglinde Thoman

Scapin, sein Diener

Reiner Walsch

Musikalische Leitung

Ralph Toursel

Regie

Horst Vladar

Bühnenbild

Heinrich Wladarsch

Der reiche Herr Pandolfo beklagt die Leiden seines Junggesellendaseins, insbesonders aber, seine Magd Zerbine so verzogen zu haben: seit drei Stunden wartet er vergeblich auf sein Frühstück. Ärgerlich ruft er nach Scapin, seinem Diener, dem er aufträgt, Zerbine herbeizuschaffen. Aber auch der Diener kommt nicht gegen sie auf. Er wird vielmehr von ihr in das Zimmer zurückgetrieben. Als Pandolfo den Diener verteidigen will, erkärt Zerbine nur schnippisch, dass die Zeit des Frühstücks längst vorbei sei. Wütend will Pandolfo ausgehen, was ihm aber Zerbine verwehrt. Da entschließt er sich bald zu heiraten.

Von Zerbines Vorschlag, doch sie zur Frau zu nehmen, will er jedoch nichts wissen. Zwar vermag ihn Zerbine mit ihren Reizen zu verwirren, doch regt sich seine Zuneigung in ihm erst, als Zerbine erklärt, sie wolle ihm nicht länger zur Last fallen und werde selber heiraten. Allerdings habe ein armes Mädchen nicht viel Auswahl. So sei ihr Zukünftiger ein rauher Hauptmann. Den lässt sie – es ist der verkleidete Scapin – kommen. Er verlangt 4000 Taler für Zerbines geleistete Arbeit und tobt, als sich Pandolfo weigert zu zahlen. Zerbine verkündet darauf ein Ultimatum: Geld oder Heirat. Pandolfo entscheidet sich rasch für Zerbine. Da demaskiert sich Scapin, Pandolfo verzeiht die List und schließt Zerbine zärtlich in seine Arme.

Giovanni Battista Pergolesi (* 1710, † 1736) waren nur wenige Jahre schöpferischer Arbeit vergönnt. Trotzdem war er eine der größten Begabungen der Musikgeschichte. Sein Gesamtwerk ist fast so umfangreich wie das zweier anderer Frühvollendeter, nämlich von Schubert und Mozart. Der Schüler des Conservatorio dei in Neapel, betätigte sich in den verschiedensten Kunstgattungen. Neben vielen anderen Werken sei besonders auf seine 12 Opern, seine Oratorien, Messen, Kantaten, Ouvertüren und Sonaten verwiesen. Das Intermezzo „La serva padrona“ hat Pergolesi neben dem „Stabat mater“ zu Weltruhm verholfen.

In Horst Vladars Neuburger Inszenierung dieses amüsanten Buffo-Gespanns — man läßt es immerhin heuer auch im Rahmen der Salzburger Festspiele über die Bühne tänzeln — wurde dies deutlich. Vladar als Bearbeiter, Regisseur und Hauptdarsteller konnte dabei erneut beweisen, daß in ihm ein richtiges Allround-Theatertalent herangewachsen ist, wie es heute selten genug geworden ist. Er versteht stimmlich wie darstellerisch alle Nuancen aus sich selbst wie auch bei seinen Mitspielern herauszuholen. So entstand der Gesamteindruck einer bis in alle Einzelheiten genau überlegten und sorgfältig durchgearbeiteren Aufführung, die recht wenig Dilettantisches mehr an sich hatte. Sieglinde Thoman — charmante Siegerin über den alten Hagestolz Pandolfo — zog alle Register weiblicher Listen und sang trotz Mandelentzündung noch recht hübsch. Reiner. Walsch, ehemaliger „Statisten-Truffaldino“, als stummer Diener agierte zwar wortlos, aber mimisch sehr beredt.

Am Pult, mit Hingabe und Können, stand der junge Maestro Ralph Toursel aus München, der mit Verve den Stab schwang und auch kleine Unebenheiten in der zweiten Aufführung mit Eleganz abzufangen wußte. Alles in allem: Eine entzückende Aufführung, so recht aus dem alten Gemeinschaftsgeist einer jungen Bühne hervorgegangen, deren Gründer mit ihren vorbildlichen Leistungen nicht zuletzt auch ein wichtiges Kapitel der 100jährigen Neuburger Theatergeschichte mitgeschrieben haben!

Hö- in „Neuburger Rundschau“

Die musikalische Leitung hatte Ralf Toursel aus München. Das Orchester setzte sich aus 19 Amateuren aus Neuburg, München, Augsburg, Pfaffenhofen und Ingolstadt zusammen. Die beidenjüngsten Musiker waren 13 und 14 Jahre alt. Das Bühnenbild entwarf Heinrich Wladarsch. Die Gesamtleitung hatten Horst Vladar und Anton Sprenzel.

Daß es nicht einfach war, eine so vielschichtige und verstreut liegende Amateurbühne auf die Beine zu stellen und die Proben so zu legen, daß sie für alle passend waren, dürfte wohl allen klar sein. Der Kontakt zwischen Künstlern und allen Mitwirkenden war erstaunlich gut und erklärt den großen Erfolg der beiden Abende; es entstand fast der Eindruck, als packte das Motto der beiden Stücke „Amor vincit omnia“, auch, für die Haltung des gesamten Ensembles. Die Begeisterung, mit der die Künstler sangen und agierten, sprang am Ende auf das Publikum über: der rauschende Beifall bei der Erstaufführung schien wie ein Orkan sogar die Kulissen zu erfassen, die zu beben und schwanken begannen und nur mit Mühe vor dem Einsturz bewahrt werden konnten.

hs in „Neuburger Rundschau“

und

Bastien und Bastienne

von W. A. Mozart

Bastienne, eine Schäferin

Evi List

Bastien, ihr Geliebter

Verena Wyss

Colas, ein vermeintlicher Zauberer

Horst Vladar

Musikalische Leitung

Ralph Toursel

Regie

Horst Vladar

Bühnenbild

Heinrich Wladarsch

Die junge Schäferin Bastienne beklagt die Untreue ihres Geliebten und ist ratlos, wie sie ihren Bastien, der sich zum Schlossfräulein hingezogen fühlt, wiedergewinnen kann. In ihrem Kummer wendet sich Bastienne an den Zauberer Colas, der für seine Klugheit weit berühmt ist. Colas rät ihr, ihre Gefühle Bastien gegenüber nicht so offen zu zeigen. Sie müsse vielmehr so tun, als wenn ihr andere Männer auch etwas bedeuten. Nach Bastiennes Abgang erscheint Bastien, um Colas zu versichern, dass er in Wirklichkeit nur Bastienne liebe. Der Zauberer gibt vor, aus seinen Künsten erfahren zu haben, dass Bastienne inzwischen nichts mehr von ihm wissen will. Als Bastien Colas um Hilfe bittet, prophezeit ihm dieser eine günstige Wendung. Er lässt Bastienne erscheinen, die des Zauberers Rat folgend von ihren Chancen bei dem reichen jungen Herrn erzählt, was Bastien wiederum veranlasst, mit der Gunst, die ihm das Schlossfräulein zukommen lässt, zu prahlen. Die Macht der Liebe führt beide aber schließlich doch zusammen und glücklich preisen sie Colas Zauberkunst.

Der später weltberühmte Komponist vertonte „Bastien und Bastienne“ für seinen Gönner Franz Anton Mesmer in Wien. Die Uraufführung fand, fern der Öffentlichkeit, in Mesmers Gartentheater 1768 statt. Lange Zeit hörte man von Mozarts liebenswertem Jugendwerk nichts mehr, bis 1891 an der Wiener Hofoper die eigentliche Premiere erfolgte.

Soweit der Pergolesi. Er brachte jedenfalls Spieler wie Publikum in die rechte Einstimmung für Mozarts nachfolgendes, jugendliches Schäferspiel. Horst Vladar zauberte es mit Meßmer‘scher Hypnotisierkunst und gewaltigem Theaterdonner auf die Bühne, die ihm sein Brüder Heinrich Wladarsch mit ausgesprochen dekorativem Talent und Farbsinn hergerichtet hatte. (Einige Profi-Bühnenbildner, die sich im Laufe dieser Wochen ebenfalls um die Neuburger Szene bemühten, könnten sich daran ruhig ein Beispiel nehmen, wie man mit wenig Mitteln viel erreichen kann!)

Auf der Szene neben Vladar hier dann noch die gesanglich und schauspielerisch sehr anmutige „Bastienne“ der Evi List und Verena Wyss als „Bastien“, den man hier nicht von einem Tenor, sondern von einem Mezzosopran singen ließ, was ganz im Sinne dieses Rokoko-Sujets war und von ihr dann auch spielerisch sehr ansprechend charakterisiert wurde. Am Pult, mit Hingabe und Können, stand der junge Maestro Ralph Toursel aus München, der mit Verve den Stab schwang.

Hö- in „Neuburger Rundschau“

Ein gelungenes Debüt – Neuburger Kammeroper kam sehr gut an

Die „Neuburger Kammeroper 69“ ist mit der vor sechs Jahren im Neuburger Stadttheater zum letzten Mal aufgetretenen Theatergruppe „Die Statisten“ verbunden, namentlich durch Horst Vladar, Anton Sprenzel, Heinrich Wladarsch, Reiner Walsch u. a. Zahlreiche neue Mitwirkende kamen hinzu, durch deren tatkräftige Zusammenarbeit der Erfolg der Aufführung gesichert war. Beide Stücke inszenierte der zuletzt am Wiener Raimund-Theater und jetzt nach Ulm verpflichtete Horst Vladar. Er revidierte die Texte so, daß sie auch zu dem Ohr des modernen Menschen Zugang – finden. In der „Magd als Herrin“ sang er die Rolle des Doctor Pandolfo, in „Bastien und Bastienne“ die des Colas. Evi List sang die Rolle der Schäferin Bastienne, Verena Wyss die des Geliebten Bastien. — Sehr schade wäre es, sollte es die „Neuburger Kammeroper 69“ bei dieser Aufführung belassen.

in hs „Neuburger Rundschau“
Neuburger Kammeroper