Die Hochzeit der Jeannette – Die Nürnberger Puppe
von V. Massé – J. Barbier und M. Carré
Die Hochzeit der Jeannette (Les noces de Jeannette – 1853)
Jean
Mathias Seifert
Jeannette
Ursula Adamek
Pierre
Jean Simon
Thomas
Horst Vladar
Dorfbewohner
Chor der Neuburger Kammeroper
Musikalische Leitung
Georg Zettel
Inszenierung
Horst Vladar
Bühnenbild
Walter Heinemann
Korrepetition
Hartmut Hudezek
Produktionsassistenz
Annette Vladar
Orchester
Mitglieder des Akad. Orchesterverbandes München
Die Handlung führt uns in ein kleines Dorf im Süden Frankreichs. Der junge Bauer Jean liebt die hübsche und kluge Jeannette und hat um ihre Hand angehalten. Während der Trauungszeremonie befällt ihn jedoch Angst vor seiner Courage und er flüchtet. Braut, Bürgermeister und Hochzeitsgäste bleiben verwirrt zurück. Kaum hat Jean seine »schützende« Wohnung erreicht, erscheinen seine Freunde um ihn zu einem Umtrunk auf seine »Heldentat« abzuholen. Er schickt sie voraus und will sich nur noch rasch umziehen. In diesem Augenblick betritt Jeannette sein Zimmer.
Wider Erwarten zeigt sie sich ruhig und verständig. Sie will von ihrem treulosen Bräutigam nur die Gründe für sein Handeln wissen. Nach dieser Aussprache bittet sie Jean, durch seine Unterschrift zu bestätigen, daß sie ihn habe sitzen lassen. Dies sei er ihrer Ehre schuldig. Jean, des Lesens unkundig, unterschreibt schnell das ihm vorgelegte Papier und eilt zu seinen Freunden. Jeannette ist zufrieden: Nichtsahnend hat ihr Jean den Heiratsvertrag unterschrieben. Nun hat sie ihn in der Hand, nur ihre eigene Unterschrift fehlt noch auf dem Dokument. Als sie beobachten muß, wie sich Jean von seinen Freunden und den Mädchen des Dorfes feiern läßt und sogar ein Spottlied vorträgt, unterschreibt auch sie den Vertrag. Trotzdem!
Jean kehrt ins Haus zurück um seinen Brautstrauß zuholen. Er will die Blumen an die Dorfschönen verteilen. Zu seiner Überraschung trifft er Jeannette immer noch an. Sie zeigt ihm den Ehevertrag und besteht nunmehr auf Erfüllung des Heiratsversprechens. Jean reagiert mit einem Wutanfall und zertrümmert sein — allerdings recht schäbiges — Mobiliar um der künftigen Ehefrau eine Vorstellung des kommenden Glückes zu geben. Dann legt er sich im Stall schlafen. Nach ein paar Tränen kommt Jeannette auf eine einfache, aber verblüffend wirksame Idee. Schnell läßt sie ihre eigenen neuen Möbel herbeischaffen und zaubert eine behagliche Atmo-sphäre ins Heim des widerspenstigen Bräutigams. Mit den Mitteln weiblicher List und nicht zuletzt wegen ihrer hervorragenden Kochkünste kommt sie bei Jean schnell ans Ziel. Als die Freunde nach dem Verbleib des »Helden« forschen, finden sie ein zufriedenes und glückliches Paar.
Victor (eigentlich Felix Marie) Massé
1822 geboren am 7. März in Lorient (Morbihan)
1834 Eintritt in das Pariser Konservatorium, unter anderem Kompositionsstudium bei Jacques F. Halevy.
1844 Abschluß des Studiums. Gewinn des »Prix de Rome«. einer mehrjährigen Studienreise nach Italien.
1846 entsteht in Rom seine erste Oper »La favorita e la schiava«, die allerdings erst 1855 in Venedig zur Uraufführung kommt.
1848 Rückkehr nach Paris
1849 Die Oper »La chambre gothique« wird in Paris ein großer Erfolg.
1853 »DIE HOCHZEIT DER JEANNETTE«, seine fünfte Oper. Weitere Opern folgen.
1854 Deutsche Übersetzung von »Die Hochzeit der Jeannette« für die Königliche Hofbühne in Berlin von Karl Stawinsky.
1860 Ernennung zum Chordirektor an der Großen Oper in Paris.
1862 Musik zu den Trauerfeierlichkeiten für J. F. Halévy.
1866 Massé wird Professor für Komposition am Pariser Konservatorium.
1871 Nachfolger von D. F. Auber als Mitglied der Akademie der Schönen Künste.
1884 gestorben am 5. Juli in Paris
Masse schrieb 23 Bühnenwerke.
Barbier, Jules
Barbier wurde 1825 in Paris geboren und begann schon mit dreizehn Jahren für das Theater zu schreiben. 1838 erschien sein Stück »La voix de la France« auf der Bühne. Etwas später, nach Beendigung seiner Studien, brachte er lk0 »L’ombre de Moliere« an der Com&die Frangaise heraus. Von da ab erschienen jedes Jahr mehrere Stücke von ihm in den Theatern von Paris: Komödien, Dramen, Gelegenheitsstücke in Versform oder Prosa. Öfters arbeitete Barbier dabei mit anderen Theaterschriftstellern zusammen. »Le poete« 1847, »Graziella« 1849, »Le maitre de la maison« 1866, »La loterie du mariage« 1868 (Debüt von Sarah Bernhardt am Odéon), »Un retour de jeunesse« 1877 waren die Werke, die am meisten gelobt wurden. Aber noch viele andere, die seitdem in Vergessenheit gerieten, ergötzten das Publikum des II. Kaiserreiches.
Eine wesentlich größere Rolle spielt Barbier als Librettist. Meist in Zusammenarbeit mit M. F. Carre schrieb er Texte zu vielen erfolgreichen Opern Mitte des 19. Jahr-hunderts. Für Thomas schrieb er »Psyche« 1857, »Hamlet« 1858 und »La tempöte« 1889. Für Meyerbeer entstand »Pardon de Ploërmel« 1859, für L. Delibes das Buch zum Ballett »Sylvia«. Für Massé unter anderem »Die Hochzeit der Jeannette«, 1852.
Die enorme Arbeit, die er leisten mußte, um ein immer nach Neuem hungerndes Publikum zufriedenzustellen, hinderte Barbier nicht, auch Gedichtbände heraus zu geben: 1871, 1882 und 1890. 1892 erschien sogar eine französische Ausgabe der Bibel von ihm. Seinem Werk merkt man die Überbelastung an, der sich der Vielschrei-ber unterwarf. Seine Theaterstücke sind — findig, amüsant oder tragisch – in einem Stil geschrieben, der sich leicht der Musik anpaßt. Als Dichter jedoch erlangte er keine größere Bedeutung. 1880 wurde er zum Offizier der Ehrenlegion ernannt. Nach 1890 schrieb er kaum noch. Am Ende seines Lebens prophezeite er sein Los in melancholischen Versen: »Wie die Welle weggespült…«. Im Januar 1901 starb Barbier in Paris.
Carré, Michel-Florentin
Carré wurde am 21. 10. 1822 in Besançon geboren. 1840 kam er nach Paris um Malerei zu studieren. Seine Ausbildung erhielt er im Atelier von Delaroche. 1842 ver-öffentlichte er seinen ersten Poesieband: »Verrückte Reime und Poesie«. Danach erschienen einige Komödien: »Luther’s Jugend« 1843, »Der Eunuch« 1843 und »Scaramouche und Pascariel« 1847. Häufig arbeitete er mit J. Barbier und V. de Beauplan zusammen. Er brachte eine schier endlose Reihe von Komödien und Vaude-villes (Singspiele) zur Aufführung, von denen die meisten schnell vergessen wurden. Lediglich »Jobin und Nanette« 1849 und »Henriette Deschamps« 1850 standen lange auf den Spielplänen.
Auch Carré wurde vor allem als Librettist bekannt. Nachdem er mit J. Barbier die Texte zu Galathee 1852 und »Die Hochzeit der Jeannette« 1853 für Victor Massé ge-schrieben hatte, machte der hervorragende Erfolg von »Faust« 1859, den das Autorenteam für Charles Gounod geschrieben hatte, die beiden zu Mitarbeitern aller gro-ßen Komponisten ihrer Zeit. Gemeinsam schrieben sie für Gounod »Philemon und Baucis« 1860, »Romeo und Julia« 1867, für Offenbach »Hoffmanns Erzählungen« 1881, für A. Thomas »Mignon« 1866« und »Frangoise de Rimini« 1882. Carré allein schrieb für Boieldieu »Le chevalier Lubin« 1866, für Gounod »La colombe« 1860, »Mireille« 1864, für Bizet »Die Perlenfischer« 1863 und für Saint-Saöns »Le timbre d’argent« 1877.
Er übersetzte auch die Textbücher von »Fidelio« und — wieder mit Barbier — »Die Hochzeit des Figaro« ins Französische. Er starb 1872 in Argenteuil bei Paris.
Wo findet man heute noch einen Regisseur wie Ex-Augsburger HORST VLADAR (jetzt Oberspielleiter in Trier), der es fertig bringt, den theatralischen Charme, die unterhaltsame Grazie, den Witz und die geistige Klarheit dieser Werke mit leichter und doch sicherer Hand zu entfalten? 99 andere würden das appetitliche Schaumge-bäck durch teutonische Wichtigtuerei zu Brei schlagen. In einer Zeit der Regie-Scharlatanerie, in der vorgetäuschte „Originalität” zum Merkmal des Provinziellen gewor-den ist, hat VLADARS von Eitelkeit freies, dem Stück und dem Publikum dienendes Vorgehen etwas Ungewohntes, bei nahe Sensationelles.
Am Pult führte GEORG ZETTEL die Mitglieder des Akademischen Orchesterverbandes München zu einer respektablen Leistung, besonders in dem psycholigisierenden ersten Stück.
Per Kins in Neue Presse Augsburg
Ursula Adamek, die Jeannette und Puppe Bertha mit viel Charme und Bühnentemperament ausstattete, hatte dabei ausreichend Gelegenheit, mit ihrer schönklingen-den, wohlgebildeten und sehr höhen- wie koloratursicheren Stimme zu brillieren. Ihr Gegenspieler Mathias Seifert als Jean und Heinrich präsentierte neben lockerem Spiel einen Kavaliersbariton von sympathisch-männlichem Timbre. und bemerkenswerter Gesangskultur. Horst Vladar, der als Regisseur sorgte, daß alles mit viel Ge-schmack und ohne billige Komik über die Bühne ging, fühlte sich in seinen beiden baßgewaltigen Vaterrollen gesanglich wie darstellerisch sichtlich wohl.
Georg Zettel hatte das locker musizierende Orchester des „Akademischen Orchesterverbandes München und auch den guten Kontakt mit der Bühne fest in der Hand.
Ein Sonderlob verdient der Bühnenbildner Walter Heinemann, dessen bildschöne und kostbare Ausstattung — wie im übrigen die ganze Aufführung— auch eines größeren Theaters würdig wäre,
Lutz Höpfl am 23,. Juli 1979 in „Augsburger Allgemeine“
von A. Adam – A. de Leuven und A. Beauplan
Die Nürnberger Puppe (La poupée de Nurembourg – 1852)
Cornelius, Spielwarenfabrikant
Horst Vladar
Benjamin, sein Sohn
Jean Simon
Heinrich, sein Neffe und Gehilfe
Mathias Seifert
Bertha
Ursula Adamek
Musikalische Leitung
Georg Zettel
Inszenierung
Horst Vladar
Bühnenbild
Walter Heinemann
Korrepetition
Hartmut Hudezek
Produktionsassistenz
Annette Vladar
Orchester
Mitglieder des Akad. Orchesterverbandes
Der berühmte Puppenfabrikant Cornelius hat eine lebensgroße Puppe angefertigt, deren kunstvoller Mechanismus ihm vollkommen erscheint. Mit Beschwörungen und Zauberformeln will er diesem mechanischen Geschöpf Leben einhauchen. Sie wäre die ideale Ehefrau für seinen Sohn Benjamin, für den seiner Meinung nach kein Mädchen von Natur aus gut genug ist.
Cornelius und Benjamin vergnügen sich auf einem Maskenball. Im Haus zurück bleibt Cornelius Neffe Heinrich. Der benutzt die günstige Gelegenheit zu einem Stelldichein mit seiner Freundin Bertha. Man beschließt, ebenfalls auf den Ball zu gehen. Heinrich verkleidet sich als Mephisto, Bertha schlüpft nach einigem Überlegen in das Kostüm von Cornelius Puppe. Der Fabrikant und sein Sohn kommen unvermutet vorzeitig vom Ball heim, Bertha und Heinrich müssen sich verstecken. Sie flieht im Gewand der Puppe in die Werkstatt.
Cornelius jedoch will noch heute seine Puppe zum Leben erwecken. Zu den magischen Vorgängen stellt sich mit einem Mal »Mephisto« ein. Mit seiner Hilfe erwacht die Puppe zum Leben. Doch ihr Charakter ist gar nicht so, wie sich Cornelius es vorgestellt hat. Sie spielt sich als Herrin im Hause auf und tobt so sehr, daß Vater und Sohn beschliessen, sie zu ermorden. Ein Stich beendet scheinbar ihr Leben. Heinrich entdeckt die »Untat« und fordert für sein Schweigen das ihm zustehende Erbe von 5000 Talern, das ihm der Onkel vorenthalten wollte. Er erhält es unter der Bedingung, die Stadt zu verlassen. Da taucht Bertha sehr lebendig wieder auf. Das Geld ist eine schöne Mitgift für die Hochzeit, und Bertha ist für Heinrich die liebe Frau, die Cornelius sich für seinen Sohn gewünscht hat.
Adolphe Charles Adam
1803 geboren am 24. Juli in Paris
1817 Eintritt in das Pariser Konservatorium, Studium bei Anton Reicha und in der Kompositionsklasse von Boieldieu.
1829 »Pierre et Catherine«, erste, einaktige Oper
1830 »Danilova«, eine dreiaktige Oper
1832 Während eines Aufenthaltes in London entsteht für die Covent-Garden-Opera »The first compaigne«.
1834 Rückkehr nach Paris, erster großer Erfolg mit »Le chalet«, einem Operneinakter.
1835 Reisen nach Petersburg und Berlin. Große Erfolge im Ausland.
1836 »Der Postillon von Lonjumeau« festigt seinen internationalen Ruhm. Ernennung zum Ritter der Ehrenlegion.
1847 Gründung eines eigenen Theaters, »Theatre national«, das aber ein Jahr später der Revolution zum Opfer fällt.
1848 Nach dem Tod seines Vaters dessen Nachfolger als Professor am Konservatorium von Paris
1852 »DIE NÜRNBERGER PUPPE« und »Wenn ich König wär«. Im gleichen Jahr erscheint die deutsche Übersetzung der »Nürnberger Puppe« von Ernst Pasqué.
1856 gestorben am 3. Mai in Paris.
Adam schrieb insgesamt 53 Bühnenwerke.
Beauplan, Victor-Arthur Rousseau de
Er wurde 1823 in Paris geboren. 1843 debütierte er mit kleinen Gedichten in der Literatur. Die Revue »Pandora« nahm dann seine Werke auf: Ziemlich schwache Verse, ein kleines Theaterstück »Versprechen und Halten ist eins« und vor allem Artikel mit einfachen Weisheiten, geschrieben zusammen mit Edouard Fournier unter dem Pseudonym »Le chevalier de Turnier«. Eine Anzahl von Theaterstücken, meist mit mehreren Mitarbeitern zusammen geschrieben, folgten. So unter ande-ren »L’amour mouille« 1850 mit M. Carre und J. Barbier, »Un Coup d’Etat« 1850 mit de Leuven und Léon Lévy (unter dem Pseudonym: Brunswick). Am 21. 2. 1852 erreichten Beauplan und de Leuven mit »Die Nürnberger Puppe«, wofür Adolphe Adam in wenigen Tagen die Musik schrieb, einen markanten Erfolg. 1853 entstand für J. F. Bayard wieder in Zusammenarbeit mit de Leuven das Libretto zu »Boccacio, ou le Décaméron«. Mit »Le Iys dans la vallée«, 1853 Théâtre Français, versuchte sich Beauplan auf ernstem Gebiet. Das Stück hatte jedoch nicht den erhofften Erfolg. Beauplan kehrte ans Palais-Royal zurück und schrieb mit Labiche und alleine weitere erfolgreiche Stücke. Seine antidemokratische Gesinnung in vielen seiner Stücke machte ihn beim kaiserlichen Hof beliebt. 1868 wurde er zum kaiserlichen Kommissar am Odéon ernannt. Nach dem Sturz des Kaisers wird er zuerst Chef de bureau, später stellvertretender Direktor der Akademie der Schönen Künste. 1879 schrieb er »Le pain bis« für T. Dubois. Im gleichen Jahr wurde er pensioniert. 1883 und 1885 erschienen zwei Gedichtbände von ihm, in denen nochmals sein antire-publikanischer Unwille zum Ausdruck kam. Beauplan starb 1890 in Paris.
de Leuven, Adolphe Comte de Ribbing
Hinter dem Pseudonym Adolphe de Leuven verbarg sich der Graf Adolphe de Ribbing. Er wurde 1800 geboren und betätigte sich als erfolgreicher Dichter musikali-scher Lustspiele. Alleine und wie zur damaligen Zeit üblich im Autorenteam schrieb er zahlreiche Stücke. Vor allem die Werke aus der Zusammenarbeit mit Léon Lévy (Brunswick) für Adolphe Adam zählen zu seinen größten Erfolgen: »Brasseur de Preston« 1838, »Der Postillon von Lonjumeau« 1836, »Der König von Yvetot« 1843. »Die Rose von Péronne« 1843 und »Die Weiberkur« 1845 sind weitere Libretti aus de Leuven’s Feder für Adam. Für den Komponisten M. W. Balfe schrieb er 1854 »Die Haimonskinder«, ein Stück, das auch in vielen deutschen Übersetzungen herauskam. 1852 folgte (mit Beauplan zusammen) »Die Nürnberger Puppe«. Für J, F. Bayard schrieb das Team de Leuven — Beauplan 1853 »Boccacio, ou le Décaméron«. Auch für Ambroise Thomas und Francois Bazin entstanden Libretti.
De Leuven war längere Zeit Direktor der Opéra Comique zu Paris. Unter seiner Direktion kam am 3. März 1875 »Carmen« zur Uraufführung. De Leuven hatte lange moralische Bedenken, diese Oper aufführen zu lassen. 1884 ist er gestorben.
Die ausgedehnten Titelrollen in beiden Werken verkörperte bravourös URSULA ADAMEK, die stimmlich, gesangstechnisch und an darstellerischer Wandlungsfähig-keit eindrucksvoll gewachsen ist. Ihr Partner in beiden Fällen war MATHIAS SEIFERT, ein flotter, spielbegabter junger Bariton mit angenehmer Stimme, wie ihn die Augsburger Oper leider nicht in ihrem Esemble hat. Der bewährte Tenor JEAN SIMON (Benjamin) erntete sogar bei einer Sprechszene Applaus für seine ungezwungene Komik. Und HORST VLADAR selbst wertete den Puppenmacher Cornelius auf vom albern-bösen, geprellten Bass-Buffo zu einem Anteil erweckenden Kauz, dem ein Traum zerstört wird.
Am Pult führte GEORG ZETTEL die Mitglieder des Akademischen Orchesterverbandes München zu einer respektablen Leistung, besonders in dem psycholigisie-renden ersten Stück. Das überregionale Interesse an der Neuburger Kammeroper dokumentierte wieder die stattliche Zahl der geparkten Autos mit Augsburger, Münchner und Ingolstädter Kennzeichen.
PER KINS in „Neue Presse“ Augsburg
Ursula Adamek, die Jeannette und Puppe Bertha mit viel Charme und Bühnentemperament ausstattete, hatte dabei ausreichend Gelegenheit, mit ihrer schön klingen-den, wohlgebildeten und sehr höhen- wie koloratursicheren Stimme zu brillieren. Ihr Gegenspieler Mathias Seifert als Jean und Heinrich präsentierte neben lockerem Spiel einen Kavaliersbariton von sympathisch-männlichem Timbre. und bemerkenswerter Gesangskultur. Horst Vladar, der als Regisseur sorgte, daß alles mit viel Geschmack und ohne billige Komik über die Bühne ging, fühlte sich in seinen beiden baßgewaltigen Vaterrollen gesanglich wie darstellerisch sichtlich wohl. Jean Simon konnte seinen hübschen Tenor diesmal weniger ins rechte Licht setzen, weil seine Partien, vor allem die als dümmlicher Puppenfabrikantensohn, mehr auf Darstellung angelegt waren. Georg Zettel hatte das locker musizierende Orchester des „Akademischen Orchesterverbandes München“ und auch den guten Kontakt mit der Bühne fest in der Hand.
Ein Sonderlob verdient der Bühnenbildner Walter Heinemann, dessen bildschöne und kostbare Ausstattung — wie im übrigen die ganze Aufführung — auch eines größeren Theaters würdig wäre.