Der Bäbu
50. Produktion im Stadttheater Neuburg/Donau im Juli 2018
Komische Oper in 2 Aufzügen
von W. A. Wohlbrück
Musik von Heinrich Marschner (1795 – 1861)
Bearbeitet für die Neuburger Kammeroper von Horst Vladar
Lady Wrengthon, Gemahlin des Gouverneurs
Ulrike Johanna Jöris
Eva Eldridge, ihre Nichte
Laura Faig
Henry Forester, Captain
Karsten Münster
Fredrick Mosely, sein Freund
Goran Cah
Muton, Richter
Horst Vladar
Nabob Jussuf Ali Khan, adliger Händler
Joachim Herrmann
Ranijana, seine Tochter
Alessia Schumacher
Bäbu Brischmohun Bonurschi, angeblicher Guru
Stephan Hönig
Gosain, sein Vertrauter
Michael Hoffmann
Butun Ghos, Rechtanwalt
Elmar Goebel
Vier Vermummte
Goran Cah
Elmar Goebel
Michael Hoffmann
Horst Vladar
Es singt und spielt
der Chor der Neuburger Kammeroper
Orchester
Mitglieder des Orchester des Akademischen Orchesterverbandes e. V. München
Musikalische Leitung
Alois Rottenaicher
Bühnenbild
Michele Lorenzini
Korrepetition
Su-Jin Kim
Choreinstudierung
Norbert Stork
Produktionsassistenz
Annette Vladar
Inszenierung
Horst Vladar
Die Handlung spielt um 1820 in Britisch-Ostindien. Der gerissene Bäbu, ein selbstgefälliger Guru und Yogalehrer, ist ein Gauner und Betrüger. Er will – nachdem er den Besitz des feinen adligen Ali ergaunert hat – auch dessen hübsche Tochter Ranijana zur Frau. Doch liebt diese treu den Captain Forester, der aus gesundheitlichen Gründen nach England zurückkehren musste. Um ihn überhaupt dazu zu bringen, hatte sie einen Selbstmord vorgetäuscht. Forester hat sich in England mit Eva, der Nichte des Gouverneurs von Kalkutta, verlobt, aber ist nun zwar gesund, doch seiner Gefühle unsicher wieder nach Indien gereist. Hier findet er Ranijana heil, und die alte Liebe erwacht wieder. Alles wird noch komplizierter, als Eva, die den von ihm ausgestreuten Gerüchten von seinem Tod misstraute, auch in Indien auftaucht. Forester gelingt es – nachdem er entdeckt hat, dass sein Vertrauter und Freund Mosely und Eva einander lieben – alles zum Guten zu regeln. Doch da bringt Ali die Schreckensnachricht, dass seine Tochter entführt worden sei. Alle sind der zutreffenden Meinung, dass nur der Bäbu dahinter stecken könne. Bei ihm finden sie Ranijana. Es war ihr gelungen den betrunkenen Guru in den Schlaf zu „tanzen“. Man überwältigt den völlig Verstörten und übergibt ihn der weltlichen Gerichtsbarkeit. Glücklich sinken sich die Paare unter dem Applaus der Freunde in die Arme.
Heinrich Marschner (1795 – 1861)
war ein deutscher Komponist der Romantik, Kapellmeister in Dresden und Leipzig, ab 1831 königlicher Hofkapellmeister in Hannover. Seine Opern machten ihn zwischen 1830 und 1850 zu einem der führenden deutschen Opernkomponisten der Zeit und gelten als wichtiges Bindeglied zwischen den Werken Carl Maria von Webers und Richard Wagners. Seinen Durchbruch als weithin anerkannter Komponist erzielte Marschner 1828 mit „Der Vampyr“ und 1829 mit „Der Templer und die Jüdin“. 1831 wurde Marschner in Hannover Kapellmeister, erst im Leineschloss, ab 1852 dann im Opernhaus Hannover. Während dieser Zeit schuf Marschner auch sein bedeutendstes Werk, den „Hans Heiling“, welches ein Schlüsselwerk der deutschen romantischen Oper werden sollte. Gelegentlich sind aus diesen Opern Teile zu hören. Es gibt sie auch auf CD. Marschner war nun auf dem Höhepunkt seiner Karriere, aber auch mit den Nachfolgewerken noch einige Zeit erfolgreich, doch überstrahlten ihn bald der Ruhm eines Giacomo Meyerbeer oder später jener Richard Wagners. Die komische Oper „Der Bäbu“ war 1838 in Hannover mit großem Erfolg uraufgeführt worden. 1861 starb der Komponist in Hannover. (nach Wikipedia)
In der Titelpartie begeistert Stephan Hönig mit kräftigem Bariton und komödiantischem Spiel. Glaubhaft spielt er die Hinterlist dieses Schwindlers aus, der es wunderbar versteht, die Massen zu manipulieren. Da helfen natürlich auch riesige Fächer, die Aufschriften wie „Der Bäbu hat Recht“ tragen und von seinem Vertrauten Gosain (Michael Hoffmann) verbreitet werden. Hoffmann hat zwar in dieser Oper nur eine kleine Rolle, kann aber erneut sein großartiges komödiantisches Talent unter Beweis stellen.
Ihr Debüt an der Neuburger Kammeroper gibt die junge Sopranistin Alessia Schumacher, die nicht nur optisch ein Blickfang als schöne Ranijana ist. Stimmlich punktet sie mit leuchtendem Sopran und strahlenden Höhen. Nur die Textverständlichkeit bleibt bisweilen ein wenig auf der Strecke. Dafür sprüht sie allerdings vor lauter Spielfreude und zeichnet die junge Inderin als selbstbewusste allein erziehende Frau, die die Gefühle ihres Geliebten auf die Probe stellen will und es mit weiblichem Geschick versteht, den Bäbu nach ihrer Entführung außer Gefecht zu setzen. Karsten Münster stattet ihren Geliebten Henry Forester mit kräftigem Tenor aus. Besonderen Spielwitz zeigt er als Wahrsager auf dem Maskenball beim Gouverneur, wenn er dem Bäbu bereits prophezeit, dass er für seine Sünden bestraft werde. Laura Faig begeistert als Eva Eldridge mit mädchenhaftem Sopran und keckem Spiel. Mit Goran Cah als Fredrick Mosely gibt sie ein wunderbares Liebespaar ab. Cah verfügt über einen leichten, weichen Tenor. Joachim Herrmann überzeugt als betrogener Händler Ali genauso wie die anderen Solisten in den kleineren Partien. So gibt es am Ende verdienten großen Beifall für alle Beteiligten.
FAZIT
Auch im 50. Jahr hat die Neuburger Kammeroper nichts von ihrer Frische verloren. Horst Vladar bietet wieder einmal ohne entfremdende Regie-Mätzchen beste Unterhaltung mit einem völlig unbekannten Werk, das nicht einmal als CD-Aufnahme erhältlich ist.
Thomas Molke auf http://www.omm.de/veranstaltungen/festspiele2018/ND-2018-der-baebu.html
Ausgezeichnete Solisten, opulente, groß angelegte Chorszenen, ausdrucksstarke Harmonien und Melodik und ein Hauch Exotik – die Neuburger Kammeroper begeistert mit „Der Bäbu“, einem kleinen Juwel aus dem weitgehend in Vergessenheit geratenen Genre der deutschen komischen Oper.
Als beschwingt, eingängig und farbenreich erweist sich die Musik, die klassische Elemente der Oper ebenso wie ungewöhnliche harmonische Wendungen aufweist – wohl ein Hinweis des Komponisten Heinrich Marschner auf das Zusammentreffen zweier Kulturen. Verkörpert werden sie durch Ranijana (gesanglich wie schauspielerisch ausgezeichnet: Alessia Schumacher), die Tochter des indischen Händlers Ali Khan (solide Leistung: Joachim Herrmann), und ihren Ehemann, Captain Henry Forester (Karsten Münster), die sich beide gegenseitig tot wähnen, am Ende aber wieder zusammenfinden.
Andrea Hammerl im Donaukurier Ingolstadt/Neuburg
Herrlich selbstgefällig fläzt Bäbu Bonurschi (Stephan Hönig, Bass-Bariton) auf einem roten Samt-Diwan und tätschelt seinen dicken Wanst. Um ihn herum eine Schar aus indischen Anhängern und Dienern. Sie fächern ihm Luft zu, schmachten ihn an und hängen an seinen Lippen. „Heil dir Bäbu!“, singt der Chor inbrünstig. Der Bäbu ist die zentrale Figur in der gleichnamigen Produktion der Neuburger Kammeroper. Zur 50. Inszenierung der lokalen Institution steht ausnahmsweise nicht der Geschlechterkampf im Mittelpunkt, sondern ein ausgemachter Schlawiner. Wie immer bei der Neuburger Kammeroper ist die Handlung dramatisch und komisch zugleich. Sowohl für das Orchester unter der bewährten Leitung von Alois Rottenaicher als auch für den gut vorbereiteten Chor stellt die Umsetzung der beschwingten, aber diesmal auch äußerst anspruchsvollen Musik des Romantikers Heinrich Marschner zwar eine Herausforderung dar. Dennoch ist Horst Vladars Bearbeitung der komischen Oper in zwei Aufzügen von Wilhelm August Wohlbrück wieder ein voller Erfolg.
Dorothee Pfaffel in Augsburger Allgemeine/Neuburger Rundschau
Auch im heurigen Jahr brachte die Neuburger Kammeroper eine echte Opernrarität zur Aufführung: „Der Bäbu“ von Heinrich Marschner. Diese komische Oper – im Jahr 1838 in Hannover uraufgeführt – war bereits die 50. Produktion im Stadttheater von Neuburg an der Donau und neuerlich ein großer Publikumserfolg.
Die musikalische Leitung des Orchesters des Akademischen Orchesterverbandes e. V. lag in den bewährten Händen von Alois Rottenaicher. Es gelang ihm, die vielschichtige Partitur des Komponisten, deren romantische Melodien immer wieder ins Ohr gingen, in allen Facetten wiederzugeben.
Das begeisterte Publikum, das immer wieder den Sängerinnen und Sängern Szenenbeifall zollte, dankte am Schluss der fast dreistündigen Vorstellung allen Mitwirkenden mit nicht enden wollendem Beifall. Verdiente „Bravo“-Rufe gab es für Horst Vladar, dem man zu dieser neuerlichen Ausgrabung einer in Vergessenheit geratenen Oper gratulieren muss.
Udo Pacolt auf: https://onlinemerker.com/neuburg-an-der-donau-der-baebu-von-heinrich-marschner/
und
Die Neuburger Kammeroper begann in den späten sechziger Jahren, als im deutschsprachigen Raum die Ausdünnung der Musiktheater-Spielpläne auf wenige Zugtitel befürchtet wurde, mit Opern von Mozart, Paisiello und Salieri, die heute fast Standardwerke kleinerer Ensembles sind. Umso bemerkenswerter war dieser konsequente Start, weil damals die historische Aufführungspraxis erst in Ansätzen wirksam wurde und es deshalb kaum konzeptionelle Verbündete geben konnte. Die Neuburger Kammeroper spielte sogar Giovanni Simone Mayr („Di locanda in locanda e sempre in sala“, 1997), bevor man in Ingolstadt und in Bergamo den Donizetti-Lehrer aus dem nahen Altmannstein international würdigte. Die Entscheidung für deutschsprachige Aufführungen und die dem Ensemblegeist verpflichtete Spielform war ein Handicap für die Verbreitung durch TV- und Tonträgereinspielungen. Trotzdem konnte sich die Neuburger Kammeroper nach 1990 erst recht problemlos behaupten, als mit der Belcanto-Renaissance Wiederentdeckungen verstärkt in internationalen Spitzenformaten stattfanden. Noch immer zeigt der vermeintliche Anachronismus der Neuburger Kammeroper magnetische Wirkungen: Die fünf Vorstellungen in der zweiten Juli-Hälfte sind regelmäßig ausverkauft und offenkundig ist die Lust des regionalen Publikums auf diese mindestens so groß wie die Neugier der fachkundigen Gäste. Die Begeisterung des Chors und Einsatzfreude des Orchesters des Akademischen Orchesterverbands München tragen dazu bei wie die mehr den Werken als einer trendigen Realisierung verpflichtete Haltung. Für ihre unerschöpfliche Entdecker-Energie muss man die Neuburger Kammeroper einfach lieben!
Roland H. Dippel auf nmz online