Der Kobold (1813)

von Fr. H. Himmel – F. W. Gotter nach Calderon de la Barca

Wagner

Karl Oblasser

Johann, Wagners Diener

Elmar Goebel

Henriette

Annette Robbert

Lisette, Hausmädchen

Anna Alberty

Karlstein, Henriettes Bruder

Horst Vladar

Ein Kutscher

Heinrich Wladarsch

Ein Diener

Stefan Wladarsch

Musikalische Leitung

Hartmut Hudezeck

Inszenierung

Horst Vladar

Bühnenbild

Matthias Schlüter

Produktionsassistenz

Annette Vladar

Orchester

Mitglieder des Akad. Orchesterverbandes München

Friedrich Heinrich Himmel

wurde am 20. November 1765 in Treuenbrietzen geboren. Sein musikalisches Talent war bereits frühzeitig zu erkennen. Schon als Kind bekam er Klavier- und Orgel-unterricht. Zunächst wollte er Theologe werden und immatrikulierte sich 1785 an der Universität Halle. Während seiner Studienzeit fiel er dadurch auf, daß er zu den Vorlesungen kaum erschien, aber als vorzüglicher Klavierspieler brillierte. 1786 kam Himmel als Feldprediger nach Potsdam. Dort erregte er durch sein virtuoses Klavierspiel die Aufmerksamkeit Friedrich Wilhelms II., der ihm ein Stipendium gewährte und ihn zum Musikstudium nach Dresden schickte. J. G. Naumann wurde sein Lehrer. 1792 wurden Himmels Kantate »La Danza« und das Oratorium »Isacco« aufgeführt. Nach dem großen Erfolg beider Stücke ernannte der König Himmel zum Kammerkompositeur und ermöglichte ihm gleichzeitig eine zweijährige Studienreise nach Italien. Im Frühjahr 1793 trat Himmel diese Reise an. In Venedig
brachte er im März 1794 sein Pastoral „ll primo navigatore“ zur Aufführung, in Neapel folgte im Januar 1795 seine Oper „Semiramis“. Vorzeitig mußte er seine Italien-reise abbrechen, da ihn der König zum königlichen Kapellmeister ernannte. Eine Reihe von Kantaten entstand. Im Konzertsaal feierte Himmel als Virtuose Triumphe. Als Beethoven 1796 den Berliner Hof besuchte, traf er häufig mit Himmel zusammen. Obwohl der erfolgreiche Komponist einen leichtsinnigen Lebenswandel führte, konnte er sich nach dem Tod seines Gönners Friedrich Wilhelm Il. auch bei dessen Nachfolger Friedrich Wilhelm Ill. gegen seine Neider und Widersacher durch-setzen. Nur sein Plan, zusammen mit dem Theaterleiter und Dramaturgen A. W. Iffland deutsche Opern zu schaffen, fand bei Hof kein Interesse. Hohe Schulden zwangen ihn zu ruheloser Arbeit. 1798 bat er den Hof um Genehmigung einer Konzertreise nach Kopenhagen, Stockholm, St. Petersburg und Moskau. Von seinen Auftritten erhoffte er sich die finanzielle Sanierung. Die Reise wurde künstlerisch und materiell ein großer Erfolg. Nach seiner Rückkehr nach Berlin kam im Januar 1801 die Oper „Vasco di Gama“ heraus. Im Frühjahr 1802 reiste Himmel nach Paris, London und Wien. Diese Reise brachte aber keine Erfolge. Mit der Berliner Uraufführung im Mai 1804 trat das Singspiel „Fanchon das Leyermädchen“ seinen Triumphzug über die deutschen Bühnen an. 1806 folgte die Oper „Die Sylphen“.

Nach dem Zusammenbruch des Preußischen Reiches 1806 lebte Himmel zeitweise in Leipzig, Rom, München und Karlsbad, um dann nach Königsberg zu reisen, wo-
hin sich der königliche Hof zurückgezogen hatte. Wieder entstanden in rascher Folge Kompositionen für den Hof. 1811 traf der Komponist in Karlsbad mit Goethe zusammen, mit dem er schon vorher in Briefwechsel stand. 1813 reiste er über Prag nach Wien, wo am 22. Mai »Der Kobold« am Theater an der Wien uraufgeführt wurde. Im März 1814 wurde »Der Kobold« zum ersten Mal in Berlin gegeben. Am 8. Juni 1814 starb Himmel an Wassersucht. Er hatte sich Zeit seines Lebens des Wohlwollens der königlichen Familie erfreuen dürfen. Sie half ihm stets bei seinen: vielen Schwierigkeiten, in die er wegen seines launischen Charakters und seiner Liebe zum Champagner geriet. Selbst seine beliebtesten Werke sind heute vergessen.

Friedrich Wilhelm Gotter

Am 3. September 1746 wurde er in Gotha geboren, der Stadt, der er sein ganzes Leben treu blieb. Im Geiste der damaligen Zeit erhielt er eine angemessene Erziehung,
in der die französische Sprache und Literatur im Mittelpunkt standen. Schon als Knabe schrieb er dramatische Werke in französischer Sprache. Seine Studienzeit ver-
brachte Gotter von 1763 bis 1766 an der Universität in Göttingen. Er studierte Jura. 1768 und 1769 verbrachte er nochmals zwei Semester als Erzieher zweier adeliger
Studenten in Göttingen. 1767 und 1769 bis 1771 weilte er als Legationssekretär in Wetzlar. Während der Zeit in Göttingen und Wetzlar schloß er Freundschaft mit vielen führenden Geistern seiner Zeit. In der Wetzlarer Tafelrunde befreundete er sich auch mit Goethe. 1768 hatte er den „Göttinger Musenalmanach“ gegründet, der ihm ersten literarischen Ruhm erwarb. 1792 wurde Gotter herzoglicher Geheimsekretär. Nur noch eine größere Reise (1774) nach Lyon und durch die Schweiz führte
ihn aus seiner Heimatstadt. In Gotha nahm er bis zu seinem Tod großen Anteil am Geschick des neu errichteten Hoftheaters (unter anderen unter Iffland). 1778 über-setzte und bearbeitete er »Der Kobold«.

Den Ruhm bei seinen Zeitgenossen verdankt er seinem erfolgreichen Eintreten für das deutsche Theater und kaum minder seiner faszinierenden Persönlichkeit.
Dichterische Originalität fehlte ihm, seine geschichtliche Bedeutung liegt in seinen Libretti zu Singspielen und Melodramen. Gotters poetische Leistungen sind
getreuester Ausdruck seiner französischen Bildung und des eleganten Geschmacks in der damaligen deutschen Literatur. Sein Instinkt für Bühnenwirksamkeit machte
seine Werke zu längerwährenden Publikumserfolgen. Am 18. März 1797 starb Gotter in Gotha.

Wagner und sein Diener Johann sind aus der Provinz nach Wien gekommen, wo Wagner die Tochter eines Bekannten seines Vaters heiraten soll. Auf dem Weg nach Wien treffen die beiden zwei verschleierte Damen, die merkwürdigerweise über ihr Vorhaben und ihre Wege genau informiert sind. Wagner, von einer der Unbekann-ten — Henriette — fasziniert, folgt willig deren Anweisungen und schiebt den Besuch bei seinen zukünftigen Schwiegereltern hinaus. Sie verspricht ihm Glück, wenn er ihr folgt. Johann warnt seinen Herrn. Er hält das alles für ein Werk des Teufels, obwohl ihm Lisette, Henriettes Dienerin, schon gefallen könnte.

Der Zufall will es, daß Karlstein, der Bruder der geheimnisvollen Unbekannten, Wagner in Wien trifft. Beide sind gute Freunde seit ihrer gemeinsamen Militärzeit. Karlstein lädt Wagner als Gast in sein Haus ein. Wagner gesteht seinem Freund Karlstein seine Liebe zu der Unbekannten und bittet ihn, ihm bei der Lösung des
Heiratsversprechens an Leonore Friedberg, der vom Vater ausersehenen Braut, behilflich zu sein. Wie soll er wissen, daß Henriette die Komödie in der Kutsche gerade im Dienst dieser Braut, ihrer Freundin, gespielt hat, um ihn von seinen Heiratsplänen abzuhalten. Nun hat sie sich selbst in Wagner verliebt. Sie hält sich aber mit Lisette vor den Gästen verborgen. Da das Gästezimmer einen geheimen Eingang besitzt, ist es für Henriette und ihre Kammerjungfer ein Leichtes, Verwirrung zu stiften. Ihre Späße verwundern Wagner, und Johann ist bald davon überzeugt, daß ein Kobold sein Unwesen treibt.

Karlstein ist es gelungen, für Wagner das Heiratsversprechen zurückzubekommen. Er versucht, den Freund zu einem Ballbesuch zu überreden. Dieser ziert sich
zunächst, nimmt aber dann die Einladung an. Auf dem Ball wird ihm erstmals Henriette vorgestellt. Wagner, der die Zusammenhänge immer noch nicht erkennt, wird in Gewissenskonflikte gestürzt: Henriette und die Unbekannte, beide gefallen ihm. Henriette verschafft sich Gewißheit über Wagners Charakter und seine Absichten. Ihm ist es unerklärlich, wie die Unbekannte alle seine Wege und Pläne kennt.

Inzwischen treibt Lisette mit Johann ein ähnliches Spiel. Er glaubt sich schon in den Klauen des Teufels, da wird das Geheimnis gelüftet. Die Neigung der Paare über-
steht leicht diese Entzauberung. Und schließlich, wer kann schon behaupten, keinen Kobold zur Frau zu haben.

Himmels Musik, zwischen Klassik, italienischer Rossini-Spritzigkeit und deutscher Romantik in harmlos-munterer Melodienseligkeit verharrend, hat gemütliches Singspielflair und gibt besonders den Sängern Gelegenheit zur Entfaltung: Annette Robbert war eine mit strahlkräftigem Sopran singende Henriette von Liebreiz, und Karl Oblasser, ein Tenor mit guter Substanz, gab der Figur des Wagner Statur. Als Lisette überzeugte die quirlige Mezzosopranistin Anna Alberty, als Johann war Elmar Goebel humoristischer Mittelpunkt. Horst Vladar verlieh dem Karlstein feste Baßgewalt.

Manfred Engel in Augsburger Allgemeine 30.07.1984

Calder0ns‘ bühnenwirksames spanisches Lustspiel von der mysteriösen „Dame Kobold“, die mit Hilfe ihrer Zofe und eines geheimen Durchgangs in einem Wand-schrank einen verliebten jungen Mann in Verwirrung und dessen Diener in Aberglauben und Gespensterfurcht stürzt, erfuhr eine musikalische Alt-Wiener Variante in Friedrich Heinrich Himmels Singspiel „Der Kobold“.  Das liebenswürdige, einst erfolgreiche Werk aus dem Jahre 1813 wurde durch die Neuburger Kammeroper der Vergessenheit entrissen und einem dankbaren Publikum schmackhaft serviert.

Per Kins in Neue Presse Augsburg am 03,08. 1984

Im ausgewogenen besetzten Quintett aus leistungsfähigen und durch Zusammenwirken sich kräftig stimulierenden Vokalisten fanden Annette Robberts und Anna Albertys ebenso wie Karl Oblassers, Elmar Goebels und Horst Vladars sing-schauspielerische Lösungen beim Wechsel von realistischer und unrealistischer Illusion, von gesprochenem und gesungenem Wort schon Szenenapplaus.

Günter Thim in Donaukurier Ingolstadt am 01.18.1984
Neuburger Kammeroper