Der Schatzgräber – Troubadoure
E. – N. Méhul – F. B. Hofmann
Der Schatzgräber (Le trésor supposé – 1802)
Lucile
Ursula Adamek
Lisette
Anna Alberty
Dorval
Norbert Kleinhenn
Crispin
Elmar Goebel
Geronte
Horst Vladar
Musikalische Leitung
Rainer Baum
Inszenierung
Horst Vladar
Bühnenbild
Corinna Pape
Produktionsassistenz
Orchester
Annette Vladar
Mitglieder des Akad. Orchesterverbandes München
Seit sein Vater aus geschäftlichen Gründen in Indien lebt, ist der Familienbesitz durch den leichtsinnigen Dorval so herabgewirtschaftet worden, daß er nur noch das Haus besitzt, nach dessen Erwerb sein geiziger Nachbar Geronte strebt. Dorval liebt Gerontes Mündel, dessen Nichte Lucile, und wird wiedergeliebt. Der Alte hat Lucile den Umgang mit Dorval verboten. Mißtrauisch überwacht er die Einhaltung dieses Verbotes. Dabei ist er sich auch nicht zu fein, an Türen zu lauschen und
durch Schlüssellöcher zu spähen.
Die Liebenden wissen sich aber immer wieder mit der Hilfe von Lisette — Luciles Kammermädchen — heimlich zu treffen, wobei auch Dorvals kluger Diener Crispin beste Dienste leistet. Von ihm stammt der Plan, wie der Alte geprellt werden soll: Als Geronte wieder einmal auf der Lauer liegt, liest Crispin Lisette einen Brief vor, den der alte Dorval aus Indien an seinen Sohn geschickt und den er — Crispin — unterschlagen habe. Der Brief weist in Art eines Testamentes den Weg zu einem verborgenen Schatz. Er bestehe aus Diamanten im Wert von mindestens 500 000 Franken und liege im Keller versteckt. Crispin tut als wolle er in der kommenden Nacht den Schatz mit Lisette heben und dann flüchten.
Der Lauscher ist berauscht und läßt zum „Erstaunen“ Luciles Dorval sogar in sein Haus bitten. Scheinheilig verspricht er ihm Hilfe. Er wolle ihm das Haus für einen guten Preis abkaufen. Dorval treibt den Preis geschickt auf 200 000 Franken, ein Vielfaches des tatsächlichen Wertes. Er geht, um alles in die Wege zu leiten. Nun erscheint Crispin und verlangt von Geronte als »Mitwisser« die Hälfte des Schatzes. Er droht sonst alles aufzudecken. Zähneknirschend beteiligt ihn der Alte, doch er hat Betrugsabsichten. Hastig wird der Kaufvertrag geschlossen. Geronte eilt, mit Crispin den Schatz zu heben und ist zerstört, als sich in der Kiste nur ein Zettel mit klugen Redensarten befindet. Dorval ist bereit den Kaufvertrag zu annullieren, wenn er Lucile heiraten darf. Geronte stimmt erleichtert zu.
Fazit: Es lohnt sich nicht andere zu belauschen.
Etienne-Nicolas Méhul
Am 22. Juni 1763 wurde Méhul in Givet (Ardennen) geboren. Er war das zweite von vier Kindern des Haushofmeisters des Grafen Montmorency. Später ließ sich sein Vater als Weinhändler nieder. Schon als kleines Kind erhielt Etienne-Nicolas Musikunterricht und mit zehn Jahren war er bereits Organist an der Kirche seiner Heimatgemeinde. Zwischen 1773 und 1775 beschäftigte die reiche Abtei von Laval-Dieu bei Montherme den deutschen Organisten Wilhelm Hanser. In dessen Musik-
schule wurde Méhul als Zögling aufgenommen. Die Kosten für seine Ausbildung übernahm die Gemeinde Givet. 1778 zog es den Jungen nach Paris, wo ihn die Begeisterung für Gluck und dessen Einfluß dazu anregten, für die Bühne zu komponieren. Er wurde Schüler von Jean-Frederic Edelmann und debütierte mit einer sehr gut aufgenommenen »ode sacreée«. Ihr folgten die ersten Opernversuche. Ein schwaches Libretto war die Ursache für den Mißerfolg der 1785 von der Opera angenommenen und 1791 aufgeführten Oper »Alonzo et Cora«. Inzwischen hatte Mehul den Librettisten Frangois-Benoit Hoffman kennengelernt.
Bereits ihr erstes gemeinsames Werk »Euphrosine et Corradin« (1790) wurde ein großer Erfolg. Mehuls Name wurde über Nacht berühmt. 40 Jahre hielt sich die Oper auf den Spielplänen. Sein nächstes Werk »Adriene — 1791 komponiert — mußte wegen der politischen Verhältnisse bis 1799 auf eine Aufführung warten. Nicht zuletzt, weil sich der Librettist Hoffman weigerte, Änderungen am Text vorzunehmen. In dieser Oper traten Kaiser und Monarchen auf, in den Wirren der Revolution kein angebrachtes Thema. So folgte 1792 »Stratonice« (wieder mit Hoffman), dessen Stoff vor Méhul schon Rameau vertont hatte. Um nicht in die politischen Wirren hineingezogen zu werden, komponierte M&hul darauf einige Jahre keine Opern. Im November 1793 beschloß der Nationalkonvent die Gründung des Instituts National de Musique mit Gossec als Direktor. Unter den angestellten Komponisten befand sich auch Méhul. Er schrieb nun etliche republikanische Kompositionen, unter anderen 1794 die Bühnenmusik zu Marie-Joseph Cheniers Tragödie »Timoléon« und den »Chant du Deépart«, ein Revolutionslied, das die enthusiastischen Volksmassen bei fast jeder Staatszeremonie sangen und das man die »zweite Marseillaise« nannte. Bis 1870 wurde es unzählige Male aufgeführt. 1794 bekam Méhul von der Comédie Italienne eine jährliche Summe von 1000 Francs zugewiesen, ein großes Privileg für einen jungen Komponisten. 1795 wurde er zudem einer der
Inspektoren des neu gegründeten Pariser Konservatoriums und Mitglied der Akademie. Aus dieser Zeit stammt seine Bekanntschaft mit den berühmten Kollegen Boieldieu, Cherubini, Dalayrac, Gretry, Isouard und Kreutzer. 1797 heiratete Méhul die Tochter eines Pariser Arztes, ließ sich jedoch bald wieder scheiden. 1802 wurde er eines der ersten Mitglieder der Ehrenlegion. Seine 1801 komponierte Oper »L’Irato« widmete er Napoleon, in dessen Auftrag er weitere Werke schuf. Es folgte
eine Reihe von kleineren Op6eras comiques, darunter »Le trésor supposé« (Der Schatzgräber). 1807 folgte seine berühmteste Oper »Joseph«, die sich auch auf deutschen Bühnen bis ins 20. Jahrhundert gehalten hat. Die durch den Sturz Napoleons herbeigeführte Schließung des Konservatoriums traf ihn sehr. Er schrieb nur noch wenige Opern, darunter 1813 »Le Prince Troubadour« (Troubadoure). Sein gesundheitlicher Zustand verschlechterte sich zusehends, auch ein Aufenthalt in der
Provence brachte keine Besserung. Am 18. Oktober 1917 starb Mehul in Paris an Tuberkulose.
Mehuls Hingabe zur Komposition war ausschließlich, er war kein ausführender Musiker. Er war, wie er selbst zugab, versessen auf Erfolg, doch seine Aufrichtigkeit und seine Abneigung gegen Schmeichelei waren größer. Wohl ahnte er bei unerwarteten Neuerungen Kritik voraus, aber er blieb immer seinem künstlerischen Gewissen treu. Das brachte ihm Feinde, besonders in der Pariser Oper und wirkte sich fortwährend auf seine Karriere aus. Seine Liebe zu intelligenter Gesellschaft brachte ihm die Freundschaft vieler Schauspieler und Dichter. Die romantische Seite seines Charakters wurde von seinen Zeitgenossen sehr wohl erkannt.
Frangois-Benoit Hoffman
Er wurde am 11. 7. 1760 in Nancy geboren. Sein Vater war Berufssoldat und als solcher später Offizier im napoleonischen Heer. Frangois-Benoit war ein eifriger Schüler und begann schon in jungen Jahren Verse zu schreiben. Bald belebte er die literarischen Salons seiner Heimatstadt. 1785 ließ er sich in Paris nieder und zog auch dort durch seine Veröffentlichungen schnell die Aufmerksamkeit auf sich. Seine ersten Versuche für die Oper zu arbeiten mißglückten. Erst mit »Nephté« — von J.-B. Le Moyne vertont — gelang ihm 1789 ein durchschlagender Erfolg. 1790 öffnete sich für Hoffman ein neuer Weg durch die Bekanntschaft mit dem noch unbekannten Méhul. Ihm vertraute er seine Komödie »Euphrosine et Corradin« an, die an der Comedie Italienne begeistert aufgenommen wurde. Damit begann auch
Mehuls Laufbahn. Nach »Stratonice« (1792) wurde die Zusammenarbeit mit Méhul zunächst durch die Wirren der Revolution behindert. Der Kampf mit Zensoren und Politikern verzögerte die Aufführungen der Stücke. »Adrien« blieb acht Jahre ungespielt und wurde erst 1799 aufgeführt. Von 1793 bis 1807 arbeitete Hoffman
ausschließlich für die Opera-Comique. Er schrieb Dramen und Komödien über mannigfache Themen. Vertont wurden seine Stücke von den bekanntesten Komponi-
sten seiner Zeit: Cherubini, Dalayrac, Gretry, Isouard und Kreutzer.
1802 erschien »Le trésor supposé« — »Der Schatzgräber«, 1807 sein bekanntestes Werk »Les Rendevous bourgeois« mit der Musik von Isouard. Im gleichen Jahr
hörte er auf der Höhe seines Ansehens auf für das Theater zu schreiben. Nur 1810 kehrte er mit »Abel«, vertont von C. Kreutzer, noch einmal auf die Bühne zurück.
Nachdem seine Frau gestorben war und ihn seine beiden Söhne wegen ihres Dienstes in der Armee verlassen hatten, zog sich Hoffman nach Passy zurück und lebte
dort als vielbeachteter und gerne gelesener Kritiker. Er war regelmäßiger Mitarbeiter bei etlichen Pariser Journalen. Dem »Journal de L’Empire« gehörte er bis zu sei-
nem Tod als Chefredakteur an. In seiner Bescheidenheit schrieb er seine Artikel meist unter einem Pseudonym. Am 25. 4. 1828 starb Hoffman an einem Schlaganfall.
Die Rolle des Librettisten Hoffman für die Entwicklung der französischen Dramen während der Revolution darf nicht unterschätzt werden. Er hat sich sehr mit der Verbindung von Text und Musik auseinandergesetzt und Harmonielehre und Komposition soweit studiert, daß er imstande war eigene Verse zu vertonen. Er pflegte vor allem die literarische Form der »Romanze« um ihrer selbst willen, in der Absicht, darin seine sensible und poetische Natur zur Entfaltung zu bringen. Er hat sie
geschickt in den dramatischen Dialog einfließen lassen, um ihre Lyrik auf seine Helden zu übertragen. Dadurch hat er wirkungsvoll zur Verbreitung der romantischen
Sprache auf dem Theater beigetragen.
In Rainer Baum, der als neuer Mann das Orchester des Akad. Orchesterverbandes München leitete, fand sich ein Dirignt, der subtil die Reize Méhuls empfindsam nobler Gesangslinie, seiner geistreich wechselnden, interessanten, aber unaufdringlichen Rhythmik und die speziellen Werte der Orchestrierung nicht nur erkannte, sondern auch herauszuarbeiten verstand: Er bot feingewürzte französische Kost – und kein überpfeffertes Buffa-Billiggericht.
Per Kins am 29. Juli 1983 in Augsburger Neue Presse
Opernfreunde schätzen die Neuburger Kammeroper seit nunmehr 15 Jahren als Pflegestätte vergessener Juwelen der Opernliteratur – insbesondere aus dem Bereich der komischen Oper, die in kleiner Besetzung und ohne Chöre lebendig geblieben sind. Die Besucher der von Horst Vladar ausgegrabenen und bearbeiteten Opernraritäten verdanken der Neuburger Kammeroper nicht nur eine dankenswerte Vertiefung ihrer Literaturkenntnisse, sondern auch viel komödiantisches Vergnügen.
Dr. Karl Ganzer am 25. Juli 1983 in Augsburger Allgemeine
E. – N. Méhul – A. Duval
Troubadoure (Le prince troubadour – 1813)
Karoline
Anna Alberty
Kunigunde
Kaye Sprenzel
Baron
Horst Vladar
Giselher
Elmar Goebel
Eduard IX.
Norbert Kleinhann
Thumbo
Heinrich Wladarsch
Botho
Stefan Wladarsch
Golo
Richard Gabler
Burgbewohner
Chor der Neuburger Kammeroper
Musikalische Leitung
Rainer Baum
Inszenierung
Horst Vladar
Bühnenbild
Corinna Pape
Choreinstudierung
Andreas Abspacher
Produktionsassistenz
Orchester
Annette Vladar
Mitglieder des Akad. Orchesterverbande München
Karoline, die Enkelin des Barons von Drachenstein und ihre altjungferliche Tante Kunigunde sind von einer Pilgerreise auf ihr baufälliges Schloß heimgekehrt. Karoline trällert ein Lied, das sie auf der Reise von zwei Troubadouren gehört hatte. Die beiden hatten ihr und der Tante auf der Reise den Hof gemacht. Die Tante warnt vor den Troubadouren, denen man nicht trauen dürfe. Einer der schlimmsten sei Graf Eduard, der sogar den Beinamen »Betrüger der Damen« trage. Plötzlich klingen vom Schloßgraben Harfenklänge und Gesang. Verkleidet bitten Graf Eduard und sein Vasall Giselher von Frauenlob — die beiden Troubadoure von der Pilgerreise — um Einlaß. Freundlich werden die Ritter heraufgebeten. Eduard flirtet mit der Tante, um so an Karoline heranzukommen. Darüber macht ihm Giselher Vorwürfe, der sich insgeheim selbst in das reizende Mädchen verliebt hat. Als ihn Eduard auffordert, sein Spiel zu unterstützen, weigert er sich: Seine Harfe und sein
Schwert stünden dem Prinzen nur bei ehrbaren Taten zur Verfügung. Eduard versucht nun auf eigene Faust die Lage auszukundschaften und Diener zu bestechen. Karoline bittet in ihrer unverdorbenen, kindlichen Art Giselher, der ihr gefällt, ihr Troubadour zu sein und Lieder für sie zu schreiben. Der Baron naht mit seinem Hofstaat. Sein stotternder Seneschall versucht eine Begrüßungsrede. Nach altem Brauch gibt man den Troubadouren ein Thema, über das sie im Wettstreit singen sollen: Eduard über den Wein, Giselher über die Liebe. Karoline verhilft Giselher zum Sieg. Kunigunde hat erfahren, daß einer der beiden Sänger Graf Eduard ist. Da dieser bei seinen Bestechungsversuchen beobachtet wurde, glaubt man nun, Giselher sei der Herr und jener gefürchtete Abenteuerer. Der Baron läßt einen Festempfang vorbereiten. Eduard nimmt seinem Vasallen das Versprechen ab, für ihn den Prinzen zu spielen und verspricht als dessen Diener alle Anordnungen des »Prinzen« zu erfüllen.
Bei der Festtafel singt Eduard zur Unterhaltung ein Spottlied auf »Eduard, den Betrüger der Damen«. Danach stellt Giselher den »abenteuerlustigen« Troubadour unter die Bewachung Kunigundes. Er verspricht das Unrecht des Prinzen gut zu machen. Er wird Karoline mit dem Ritter von Frauenlob verheiraten, der dem Prinzen ähnlich sehe. Zweifel quälen das Mädchen. Sie belauscht ihre Tante und Eduard, der eine Entführung plant, um sie vor dem schuftigen Prinzen zu schützen. Karoline glaubt den Verleumdungen, beschimpft Giselher und betont, wie froh sie über die geplante Entführung sei. Der Baron hat von der Entführung gehört und läßt Eduard festnehmen. Als dieser wütend protestiert, erinnert ihn Giselher an sein Versprechen und ordnet als »Prinz« an, daß das Schloß renoviert und Karoline mit Giselher von Frauenlob verheiratet werden solle. Der echte Prinz gesteht seine Niederlage ein, gibt sich zu erkennen und stiftet einen schönen Brautschatz.
Auf Drachenstein herrscht allgemeiner Jubel.
Etienne-Nicolas Méhul
Am 22. Juni 1763 wurde Méhul in Givet (Ardennen) geboren. Er war das zweite von vier Kindern des Haushofmeisters des Grafen Montmorency. Später ließ sich sein Vater als Weinhändler nieder. Schon als kleines Kind erhielt Etienne-Nicolas Musikunterricht und mit zehn Jahren war er bereits Organist an der Kirche seiner Heimatgemeinde. Zwischen 1773 und 1775 beschäftigte die reiche Abtei von Laval-Dieu bei Montherme den deutschen Organisten Wilhelm Hanser. In dessen Musik-
schule wurde Méhul als Zögling aufgenommen. Die Kosten für seine Ausbildung übernahm die Gemeinde Givet. 1778 zog es den Jungen nach Paris, wo ihn die Begeisterung für Gluck und dessen Einfluß dazu anregten, für die Bühne zu komponieren. Er wurde Schüler von Jean-Frederic Edelmann und debütierte mit einer sehr gut aufgenommenen »ode sacreée«. Ihr folgten die ersten Opernversuche. Ein schwaches Libretto war die Ursache für den Mißerfolg der 1785 von der Opera angenommenen und 1791 aufgeführten Oper »Alonzo et Cora«. Inzwischen hatte Mehul den Librettisten Frangois-Benoit Hoffman kennengelernt.
Bereits ihr erstes gemeinsames Werk »Euphrosine et Corradin« (1790) wurde ein großer Erfolg. Mehuls Name wurde über Nacht berühmt. 40 Jahre hielt sich die Oper auf den Spielplänen. Sein nächstes Werk »Adriene — 1791 komponiert — mußte wegen der politischen Verhältnisse bis 1799 auf eine Aufführung warten. Nicht zuletzt, weil sich der Librettist Hoffman weigerte, Änderungen am Text vorzunehmen. In dieser Oper traten Kaiser und Monarchen auf, in den Wirren der Revolution kein angebrachtes Thema. So folgte 1792 »Stratonice« (wieder mit Hoffman), dessen Stoff vor Méhul schon Rameau vertont hatte. Um nicht in die politischen Wirren hineingezogen zu werden, komponierte M&hul darauf einige Jahre keine Opern. Im November 1793 beschloß der Nationalkonvent die Gründung des Instituts National de Musique mit Gossec als Direktor. Unter den angestellten Komponisten befand sich auch Méhul. Er schrieb nun etliche republikanische Kompositionen, unter anderen 1794 die Bühnenmusik zu Marie-Joseph Cheniers Tragödie »Timoléon« und den »Chant du Deépart«, ein Revolutionslied, das die enthusiastischen Volksmassen bei fast jeder Staatszeremonie sangen und das man die »zweite Marseillaise« nannte. Bis 1870 wurde es unzählige Male aufgeführt. 1794 bekam Méhul von der Comédie Italienne eine jährliche Summe von 1000 Francs zugewiesen, ein großes Privileg für einen jungen Komponisten. 1795 wurde er zudem einer der
Inspektoren des neu gegründeten Pariser Konservatoriums und Mitglied der Akademie. Aus dieser Zeit stammt seine Bekanntschaft mit den berühmten Kollegen Boieldieu, Cherubini, Dalayrac, Gretry, Isouard und Kreutzer. 1797 heiratete Méhul die Tochter eines Pariser Arztes, ließ sich jedoch bald wieder scheiden. 1802 wurde er eines der ersten Mitglieder der Ehrenlegion. Seine 1801 komponierte Oper »L’Irato« widmete er Napoleon, in dessen Auftrag er weitere Werke schuf. Es folgte
eine Reihe von kleineren Op6eras comiques, darunter »Le trésor supposé« (Der Schatzgräber). 1807 folgte seine berühmteste Oper »Joseph«, die sich auch auf deutschen Bühnen bis ins 20. Jahrhundert gehalten hat. Die durch den Sturz Napoleons herbeigeführte Schließung des Konservatoriums traf ihn sehr. Er schrieb nur noch wenige Opern, darunter 1813 »Le Prince Troubadour« (Troubadoure). Sein gesundheitlicher Zustand verschlechterte sich zusehends, auch ein Aufenthalt in der
Provence brachte keine Besserung. Am 18. Oktober 1917 starb Mehul in Paris an Tuberkulose.
Mehuls Hingabe zur Komposition war ausschließlich, er war kein ausführender Musiker. Er war, wie er selbst zugab, versessen auf Erfolg, doch seine Aufrichtigkeit und seine Abneigung gegen Schmeichelei waren größer. Wohl ahnte er bei unerwarteten Neuerungen Kritik voraus, aber er blieb immer seinem künstlerischen Gewissen treu. Das brachte ihm Feinde, besonders in der Pariser Oper und wirkte sich fortwährend auf seine Karriere aus. Seine Liebe zu intelligenter Gesellschaft brachte ihm die Freundschaft vieler Schauspieler und Dichter. Die romantische Seite seines Charakters wurde von seinen Zeitgenossen sehr wohl erkannt.
Alexandre-Vincent-Pineu Duval
Duval wurde am 6. 4. 1767 als Sohn eines Anwalts in Rennes geboren. Er hatte noch nicht einmal seine Studien am Kolleg von Rennes abgeschlossen, als er von seinen Eltern die Erlaubnis erbettelte, als Freiwilliger in die Marine eintreten zu dürfen, um an den amerikanischen Freiheitskriegen teilzunehmen. Er verließ am 22.3.1781 mit dem Schiff Brest und diente bis zum Friedensschluß auf dem anderen Kontinent. Nach seiner Rückkehr nach Frankreich trat er in das»Corps de ponts et chaussees« ein. Mit einigen Freunden, darunter der spätere General Moreau, führte er ein bewegtes Leben. Allmählich wuchs in ihm aber eine Neigung für das
Theater. Er begann Salonkomödien zu schreiben. Als Sekretär einer Abordnung des Departements Bretagne gelangte er nach Paris. Als diese Abordnung 1788 nach
Rennes zurückkehrte, ging Duval nach Dieppe und arbeitete dort als Ingenieur, daneben studierte er an der Akademie Architektur. Nach Abschluß dieser Studien
erhielt er eine Anstellung bei der königlichen Domänenverwaltung. Doch auch diese Aufgaben konnten ihn nicht zufriedenstellen.
Im Juli 1789 trat Duval in ein Grafikbüro ein, dort zeichnete er Porträts von den Mitgliedern der Nationalversammlung. Als das Unternehmen in Konkurs ging,
wechselte er zu einem Graveur und arbeitete dort an einer Serie von Reliefs. 1792 engagierte er sich mit anderen Künstlern in einer Freiwilligenkompanie im Krieg gegen die Preußen. Nach Beendigung der kriegerischen Auseinandersetzungen kehrte er nach Paris zurück und ging endgültig zum Theater. 1793 bis 1794 wurde Duval inhaftiert, weil er sich politisch mißliebig machte. Nach seiner Freilassung versuchte er sich als Schauspieler am Theâtre Français, erhielt aber wegen seiner Talent-losigkeit nur kleine Rollen. Erst als Theaterautor hatte er endlich Erfolg. Schier endlos ist die Titelliste seiner Stücke. Sie wurden gefeiert und immer wieder von der Zensur Napoleons verboten. 1796 schrieb er für P. A. D. Della Maria die Einakter »Der Arrestant« und »Der Onkel« (beide 1981 von der Neuburger Kammeroper aufgeführt). 1802 handelte er sich mit dem Stück »Edouard in Schottland« wieder politischen Ärger ein und zog es vor, sich für einige Zeit in seine Heimatstadt Rennes zurückzuziehen. Da das politische Klima in Paris eine Rückkehr dorthin nicht ratsam erscheinen ließ, reiste Duval nach Petersburg. Anschließend führten ihn seine Reisen durch Deutschland und die Schweiz. 1803 kehrte er nach Paris zurück und verabschiedete sich mit dem Stück »Wilhelm der Eroberer« vom Sprechtheater.
In die Zeit von 1804 bis 1813 fiel seine Zusammenarbeit mit Mehul: Nach einigen Bühnenmusiken für Werke Duvals, erschien 1807 die bekannteste Oper Mehuls
»Joseph«, erst 1813 »Le prince troubadour« (»Troubadoure«). Seine Theaterstücke bereiteten soviel Schwierigkeiten, daß er sich 1815 entschloß, sie nicht mehr auf-
führen zu lassen. Er widmete sich nur noch schriftstellerischen Tätigkeiten. Von 1822—1829 erschienen u. a. seine gesammelten Werke in neun Bänden. Ab 1812 war
Duval Mitglied der Acad&mie frangaise. Bei der Juli-Revolution 1830 wurde er zum Konservator der Bibliotheken des Arsenals bestimmt. Am 9. 1. 1842 starb der
Dichter in Paris. Er hinterließ Bühnenwerke ohne Neuerungen und mit wenig persönlichen Merkmalen, die aber das Publikum durch ihre Grazie und Leichtigkeit und das geschickte Verknüpfen der Handlung gewannen.
Liebevoll ausgearbeitete Einzelszenen gaben auch den Sängern des Neuburger Liederkranzes Gelegnheit, die Spiel- und Sangesfreude ins rechte Licht zu rücken. Ein farbenfrohes, fantasievolles Bühnenbild schuf Corinna Pape.
HK am 30.07.1983 in Donaukurier Ingolstadt
Zwei seiner (Anm.: Méhul) Einakter aus dem Bereich der Opera comique erlebten am Wochenende heiter beschwingte Aufführungen, deren melodischer Charme und kompositorischer Esprit sowohl in den Arien und Romanzen wie in den rhythmisch eleganten Ensembles zu voller Geltung kamen. Horst und Annette Vladar haben die beiden Köomödien geschickt bearbeitet und sich bei den „Troubadouren“ auch als sprachgewandte Übersetzer bewährt.