Die Botschafterin (L’ambassadrice – 1836)
(L’ambassadrice – 1836)
von D. F. E. Auber – E. Scribe und St. Georges
Graf Valberg, Preußischer Botschafter
Hartmut op der Beck
Gräfin Westerburg, seine Schwester
Kaye Krafft-Sprenzel
Fortunatus, Theaterunternehmer
Horst Vladar
Madame Barneck, ehem. Sängerin
Gerda Lorek
Antoinette, ihre Nichte, Primadonna
Charlotte, Sängerin
Benedikt, Sänger und Regisseur
Diener des Grafen
Sonja Zeller
Anna Alberty
Elmar Goebel
Walter Schäpe, Heinrich Wladarsch
Musikalische Leitung
Georg Zettel
Inszenierung
Horst Vladar
Bühnenbild
Josef Pietschmann
Produktionsassistenz
Annette Vladar
Orchester
Mitglieder des Akad. Orchesterverbandes München
Der 1. Akt spielt in München, der 2. und 3. Akt in Berlin
1. Akt
Antoinette, die Primadonna des Theaterunternehmers Fortunatus hat viel Erfolg beim Publikum. Sie bekommt viele Liebesbriefe, die ihre Tante Madame Barneck eifrig studiert, um eine gute Partie herauszufinden. Charlotte, die Freundin und Konkurrentin Antoinettes, erzählt von einem geheimnisvollen Verehrer, der allabendlich in einer Loge des Theaters sitzt und nur für Antoinette Augen hat. — Fortunatus kommt, um mit Mme. Barneck einen neuen Vertrag für deren Nichte auszuhandeln, hat aber einen schweren Stand, da inzwischen ein verlockendes Angebot des Londoner Opernhauses vorliegt. Trotzdem erreicht er eine Bedenkzeit. — Benedikt, der Regisseur und Tenor des Fortunatus kommt, um mit Antoinette eine Szene aus der neuesten Oper zu proben — für den in die Primadonna unglücklich Verliebten eine schwere Aufgabe. In die Probe hinein wird der geheimnisvolle Verehrer aus der Loge vor Mme. Barneck geführt. Er gibt sich als der Vertreter des Londoner Opernhauses aus, muß aber später gestehen, daß dies eine Finte war und er Graf Valberg sei, preußischer Botschafter. Antoinette weist ihn aus Enttäuschung über seine Verstellung zurück, als er aber später einen Boten mit einem offiziellen Heiratsantrag schickt, willigt sie doch ein, Gattin des Botschafters zu werden, obwohl damit die Bedingung verbunden ist, das Theater zu verlassen.
2. Akt
Bei der Schwester des Grafen wartet Antoinette auf des Königs Einwilligung zur Hochzeit seines Botschafters mit einer Bürgerlichen. Vorher darf ihre „Vergangenheit“ nicht bekannt werden. Sie langweilt sich während der Dienstreisen ihres Bräutigams schrecklich. — Die Operntruppe des Fortunatus wird in Berlin angekündigt und als der Theaterdirektor, Benedikt und Charlotte erscheinen, um für ihre Vorstellung zu werben, erfährt die eingebildete Gräfin von der Herkunft ihrer zukünftigen Schwägerin. Da inzwischen die Einwilligung des Königs vorliegt, muß sie sich aber mit der Mesalliance abfinden, beleidigt aber Antoinette vor deren früheren Kollegen. — Antoinette muß nun erfahren, daß der Graf auf seiner letzten Dienstreise auch mit Charlotte heftig geflirtet hat, und als Fortunatus verzweifelt seinen Ruin ankündigt, da sich die gekränkte Charlotte krank gemeldet habe, reift in ihr ein Entschluß.
3. Akt
Charlotte lauert in der Theaterloge dem Grafen auf, macht ihm heftige Vorwürfe und beginnt wieder mit ihm zu flirten. Sie freut sich auf den Skandal, der durch die Ankündigung einer anderen Sängerin im Theater entstehen wird. Ihr Erstaunen und ihre Wut sind groß, als Antoinette angekündigt und vom Publikum gefeiert wird. — In der Loge kommt es zum Zusammentreffen aller Beteiligten. Antoinette wird wieder dem Theater gehören, zum Ärger der dadurch zurückgesetzten Charlotte, zur Enttäuschung Mme. Barnecks, zur Zufriedenheit der Gräfin, des Theaterdirektors und des Publikums. Benedikt wird der Angebeteten wieder nahe sein. Der Graf wird sowohl Antoinette als auch Charlotte nur noch aus der Loge bewundern können.
Daniel F. E. Auber
1782 geboren zu Caen
1804 Rückkehr nach Paris (von einer kaufmännischen Lehrzeit in London) und Entschluß Musiker zu werden
1811 „Julie”, erstes Bühnenwerk
1811—1813 Studium bei Cherubini und Boieldieu
1820 „La Bergère châtelaine”, erster Erfolg
1825 Ritter der Ehrenlegion
1828 „Die Stumme von Portici”
1830 „Fra Diavolo”
1836 „L’ambassadrice” („Die Botschafterin”)
1842 Direktor des Konservatoriums von Paris
1857 Kaiserlicher Hofkapellmeister von Napoleon Ill.
1869 „Rêves d’amour“ letzte Oper
1871 gestorben in Paris
Eugene Scribe
1791 geboren in Paris
1815 erste Erfolge als Autor
1820 Arbeiten für das Théâtre de Madame (in der Folgezeit über 150 Stücke für dieses Theater)
1825 „Die weiße Dame” für Boieldieu
1828 „Die Stumme von Portici” für Auber
1830 „Fra Diavola” für Auber
1835 Mitglied der Academie Frangaise
1836 „L’ambassadrice” („Die Botschafterin”)
1840 „Das Glas Wasser”, Lustspiel
1840 „Die Favoritin” für Donizetti
1849 „Der Prophet” für Mayerbeer
1855 „Die sizilianische Vesper” für Verdi
1861 gestorben in Paris
Die Opern-Boulevard-Komödıe “ Die Botschafterin” ist in ihrem Biedermeiercharakter wie geschaffen für das reizvolle intime Neuburger Stadttheater. — Auber versah die unterhaltsame Story mit einer Reihe perlander Arien und spritzig-eleganter Ensemble-Nummern, die frisch und geläufig aus den jungen Kehlen kamen. SONJA ZELLER in der Titelrolle der Antoinette steigerte sich von Akt zu Akt zu erstaunlicher Virtuosität. Ein Höhepunkt war ihre köstliche Gesangsunterrichts-Szene mit der stimmlich und darstellerisch wendigen KAYE KRAFFT-SPRENZEL als affektiert vornehmtuerische Gräin. Temperamentvoll kostete ANNA ALBERTY die von den Autoren besonders dankbar angelegte Rolie der koketten Intrigantin Charlotte aus. Ausgezeichnet kontrastierten die beiden Tenöre: ELMAR GOEBEL als Künstler Benedikt mit theatralischen Allüren, aber echtem Gefühl — und HARTMUT OP DER BECK als Graf Valberg mit seriösem Auftreten, aber weniger seriösem Herzen. Das parodistische Element ließ auch GERDA LOREK als geschäftstüchtige Tante Barneck nicht zu kurz kommen. HORST VLADAR verfiel als Fortunatus nicht in die naheliegende Bassbuffo-Schablone, sondern gab seinem Theaterdirektor einen mehr weltmännischen Anstrich. Als Regisseur zeigte VLADAR mit der Botschafterin seine bisher ausgefeilteste Leistung. — JOSEF PIETSCHMANN hatte geschmackvolle, tür Neuburg geradezu luxuriöse Bühnenbilder geschaffen, in denen die beiden Diener (WALTER SCHÄPE und HEINRICH WLADARSCH) wie zusätzliche lebende Dekorationen wirkten.
PER KINS am 1. August 1975 in „Neue Presse“ (Augsburg)
Im Orchestergraben waltete wieder der aus Laien und Fachmusikern gebildete „Akademische Orchesterverband München“ frisch und respektabel seines Amtes, sachkundig geführt von Georg Zettel. Die freundlich anheimelnden Bühnenbilder biedermeierlichen Gepräges entwarf und malte, wie früher, der Lehrer Josef Pietschmann.
Ein junges Team engagierter Künstler und ein Regisseur, der sein Handwerk versteht, erbrachte im kleinen „Hoftheater“ zu Neuburg wieder einmal den Beweis, daß gutes Theater auch ohne modernistische Effekte und soziologische Verfremdungen ein aufgeschlossenes Publikum auf das angenehmste zu unterhalten vermag — sogar im Bereich der von den „ewig Morgigen“ immer wieder totgesagten Oper!