Die verwandelte Katze – Das Mädchen von Elizondo

von J. Offenbach – E. Scribe und Melisville

Die verwandelte Katze

(La chatte métamorphosée en femme – 1858)

Guido, Kaufmannssohn

Klaus Feyerabend

Marianne, seine Haushälterin

Kaye Krafft

Minette, seine Katze

Rita Herrmann

Dig-Dig, indischer Jongleur

Horst Vladar

Musikalische Leitung

Ralf Toursel

Inszenierung

Horst Vladar

Bühnenbild

Josef Pietschmann

Produktionsassistenz

Annette Vladar

Orchester

Neusässer Kammerorchester

Gesamtleitung

Anton Sprenzel, Horst Vladar, Heinrich Wladarsch

Ort: Guidos Zimmer in Paris

Der Kaufmannssohn Guido hat sein ganzes Vermögen verloren. Alle seine „Freunde“ lassen ihn im Stich. Bei ihm bleiben nur seine Haushälterin Marianne und sein Kätzchen Minette. In seiner trübseligen Einsamkeit konzentriert sich seine ganze Zuneigung auf das Tier. Seine Kusine Minette, die früheres Unrecht wieder gutzumachen versucht, will er aus verletztem Stolz nicht einmal kennenlernen. Doch sie versteht es, die lebende Katze und eine nachgemachte (sich selbst!) gegenseitig auszuspielen. Dig-Dig, ein indischer Jogi, und die Seelenwanderung müssen mitagieren, um alles zu einem guten Ende zu bringen.

Jacques Offenbach über sich selbst:

Ich bin in Köln zur Welt gekommen: ich erinnere mich genau, daß man mich am Tage meiner Geburt mit Liedern in den Schlaf gewiegt hat. — Ich habe ein wenig alle Arten von Instrumenten gespielt, Cello sehr viel. Mit dreizehn Jahren kam ich nach Paris. Ich war Schüler des Konservatoriums, Cellist an der „Opéra comique‘ und später erster Kapellmeister am „Théâtre Français“. Mutig, aber vergeblich, habe ich mir mehr als zehn Jahre lang Einlaß in die „Opéra comique“ zu verschaffen versucht. Ich habe dann das Theater der „Bouffes-Parisiens‘‘ gegründet. Im Laufe von sieben Jahren habe ich dort an die fünfzig Operetten angenommen, eingerichtet und gespielt. Vor zwei Jahren dankte ich als Direktor ab.

Meine erste Arbeit als Komponist waren „Les deux Aveugles‘, und eben bin ich im Begriff „Les Georgiennes“ zu beenden. Es wird mir viel verziehen werden, weil ich viel aufs Spiel gesetzt habe. Ich bin seit drei Jahren Franzose, dank der Güte des Kaisers, der geruhte, mein Naturalisationsgesuch zu bewilligen; vor zwei Jahren wurde ich zum Ritter der Ehrenlegion ernannt.

Von meinen zahlreichen Erfolgen sowie den paar Niederlagen, die ich erlitten habe, schweige ich: Erfolg hat mich nicht eitel gemacht und eine Niederlage nie entmutigt. Ich werde keinen meiner Vorzüge erwähnen, noch über meine Mängel sprechen. Ein schreckliches und unbesiegbares Laster besitze ich allerdings, nämlich das Laster, ohne Unterlaß zu arbeiten. Ich bedaure es im Hinblick auf jene, die meine Musik nicht lieben, denn selbst im Sterben werde ich noch eine Melodie unter meiner Feder haben.

Ein kleines Orchester in einem winzigen Orchestergraben, ein ganz verrückter, lustiger, jede Instrumentengruppe einzeln, hervortreten lassender Klang, unbekümmert spielende und vielleicht deshalb so animierende Musiker unter Ralf Toursels beschwingter Leitung und natürlich diese köstlichen Einaktergeschichten.

Zutriedenes Publikum

Rita Herrmann gab dem Kätzchen Minette eine reizende, kratzbürstige und drollige Verspieltheit, ihre stimmlichen Vorzüge kamen als Manuelita mehr zur Geltung. Klaus Feyerabend sang den empfindsamen, vom Weltschmerz verfolgten Guido und trumpfte im zweiten Stück als fescher Draufgänger auf.

A. Brinkmann im Bayernkurier (München) am 29.7.72

 

Der Impuls um eine verwandelte Katze namens Minette — und welch’ eine Minette! — gleicht einem Wunderland. Artig unbekümmerte Anspielungen wider den geprellten Kaufmannssohn Guido purzeln — trotz anfänglich zäher Textstellen — kunterbunt durcheinander. Minette schnurrt sahneleckend und katzenäugig, krallenspreizend schmeichelnd zwischen Guido und Marianne, dessen brav strenger Haushälterin. Der Zauber wird komplett mit einer niedlich echten Katze namens Minette, wohlgeborgen sich kuschelnd und einbezogen in das Spielbewußtsein der vier Solisten. Bezwingend graziös, exakt, Rita Herrmann als Minette, von imponierender Stimmfülle, temperamentgeladene Marianne, voll natürlichen Charmes, eine nicht allzu große Partie für Kaye Krafft, der sie zarte Intensität verlieh, Klaus Feyerabends lyrischer Guido, eine stimmlich wohl ausgewogene, dem mimischen Akzent überlegene Auffassung. Ihm half die Vitalität eines Horst Vladar als Dig-Dig mit seiner markanten Baßgewalt Sprache und Musik in fast biedermeierlich puppiger Einheit umrahmt von einem Bühnenbild (Josef Pietschmann), dessen Atmosphäre geradezu ausgetüftelt dünkte in warmen Farben und sparsamem Requisit.

Renate Wörle in „Neuburger Rundschau“ 11.07.72

J. Offenbach – L. Battu und J. Moinaux

Das Mädchen von Elizondo

(Pepito – 1853)

Manuelita, eine junge Waise

Rita Herrmann

Miguel, ein junger Baske

Klaus Feyerabend

Vertigo, Gastwirt

Horst Vladar

Musikalische Leitung

Ralf Toursel

Inszenierung

Horst Vladar

Bühnenbild

Heinrich Wladarsch

Produktionsassistenz

Annette Vladar

Orchester

Neusässer Kammerorchester

Gesamtleitung

Anton Sprenzel, Horst Vladar, Heinrich Wladarsch

Ort: Elizondo, Platz zwischen den Gasthäusern Manuelitas und Vertigos

Alle jungen Männer von Elizondo, einem spanischen Dorf, wurden vor Jahren zum Militär eingezogen. So auch Pepito, der Bräutigam der schönen Manuelita. Sie hat alle Mühe den Nachstellungen des Lebenskünstlers Vertigo zu widerstehen, der ihr zudem als geschäftlicher Konkurrent das Leben schwer macht. Treu ihrem Versprechen will sie auf Pepito warten. — Als vorletzter der Burschen kehrt Miguel heim. Er ist überrascht von der Schönheit seiner früheren Spielkameradin und fragt Vertigo über sie aus. Der äußert sich sehr abfällig über Manuelita. Miguel, durch diese Auskunft ermutigt, nähert sich ihr mit eindeutigem Vorhaben. Als sie ihn voll Verachtung zurückweist, bereut er und empfindet ehrliche Liebe zu ihr. Er erfährt von Manuelitas Verlobung mit Pepito und ist bereit für diesen zum Militär zurück zugehen. Da trifft ein Brief von Pepito ein, der alles ändert.

Offenbachs Lebenslauf

1819 Geboren in Köln am 20. Juni

1833 Student des Pariser Konservatoriums für Violoncello, daneben Kompositionsunterricht bei Halévy

1834 Anstellung als Cellist an der Opéra comique Tanzkompositionen für Soirees der Pariser Gesellschaft

1837 Bekanntschaft und gemeinsame Kompositionen mit Fr. von Flotow

1839 Bühnenmusik zu „Pascal et Chambord“ für das Palais-Royal-Theater

1844 Heirat mit Herminie d’Alcain

1846 Privataufführung seiner Oper „L’Alcôve“

1850-55 Kapellmeister am „Théâtre Français“

1853 Uraufführung „Das Mädchen von Elizondo“ („Pepito“), Théâtre des Variétés

1855 Offenbach gründet sein eigenes Theater „Bouffes Parisiens“

1858 1. Gastspiel seines Theaters in Deutschland; finanzielle Schwierigkeiten Uraufführung „Die verwandelte Katze“; Uraufführung „Orpheus in der Unterwelt“

1860 Französische Staatsbürgerschaft

1861 Kreuz der Ehrenlegion

1864 Uraufführung „Die schöne Helena“

1865 Uraufführung „Blaubart‘

1866 Uraufführung „Pariser Leben“

1867 Uraufführung „Die Großherzogin von Gerolstein“

1868 Uraufführung „La Perichole“

1873 Direktor des „Theätre de la Gaite“

1876 Amerikatournee

1879 Uraufführung „Die Tochter des Tambourmajors“

1880 Gestorben in Paris am 5. Oktober

1881 Uraufführung „Hoffmanns Erzählungen“ in der „Opéra comique“

Offenbach schrieb über 100 Opern und Operetten

Ganz anders — voll spanischer Folklore — die Geschichte um „Das Mädchen von Elizondo“, neben Rita Herrmann als Manuelita der dramatischen Autorität eines Horst Vladar auf den Leib geschrieben! Als Meister im kleinen Tumult und musikalisch wie schauspielerisch differenzierter Wirkungskraft war es vor allem seiner unwiderstehlichen Ausstrahlung zu danken, dass der etwas breit geratenen Empfindsamkeit aufregende Parodien rasch folgten. Klaus Feyerabend als junger Baske Miguel, wohl aller dynamischen Stimmregister mächtig, mußte sich als Kommödiant behaupten gegen seine umworbene Manuelita mit Rita Herrmann, die so hervorragend mit sanfter Anmut, Koloratur und dramatischer Gestaltung überzeugte. Ein Bühnenbild (Heinrich Wladarsch) mit Tavernengeruch, hinter dem man störrische Eselsrufe zu hören glaubt, hinter dessen Mauern es ebenso gut nach Vanille oder Melisse riechen könnte, vielleicht um eine Idee zu „sauber“, aber voller Idylle!

Was für den Erfolg zählt, geschieht stets mit einer gut funktionierenden Technik, die in den Händen der Regieassistenz (Annette van Gent), der technischen Leitung (Ernst Schöberl und Josef Pietschmann), der Beleuchtung (Anton Sprenzel) und den Frisuren (Anton Krumm) lag. „Wir haben’s geschafft!“ — So klingt berechtigt der Jubelruf für die Neuburger Kammeroper 1972. Und was bestätigt diesen Ruf mehr als ein in blendender Stimmung entlassenes Premierenpublikum? — Es gab Blumen und viele Vorhänge!

Renate Wörle am 11.07.1972 in „Neuburger Rundschau“
Neuburger Kammeroper